Bestand
und Bedrohung:
Im Freiland ist der Schneekranich nach dem amerikanischen Schreikranich
und dem Mandschurenkranich wohl die am stärksten bedrohte
Kranichart; der Bestand dürfte bei nur noch weniger als 3000
Tieren liegen, die sich auch noch in zwei geografisch getrennte
Gruppen aufteilen.
Die IUCN stuft die Art als vom Aussterben bedroht ("critically
endangered") ein.
Das mag zunächst überraschen, denn es gibt andere Vogelarten,
die diese Einstufung (noch) nicht haben, obwohl die Bestände
vielleicht sogar kleiner sind.
Das Problem
beim Schneekranich ist wohl die negative Tendenz und das Tempo,
mit dem sich diese Tendenz manifestiert.
Die Rohstoffgewinnung im Norden Sibiriens scheint ein grosses
Problem zu sein, genauso wie der Bau grosser Talsperren, die das
Überwinterungsgebiet in China bedrohen.
Die grösste Gefahr aber geht wohl davon aus, dass die Rastplätze
von den Brut- in die Überwinterungs-Gebiete verloren gehen:
Die wachsende Bevölkerung Chinas und die Hebung des Lebensstandards
der Menschen bringt kaum vermeidbar die Zerstörung ungestörter
Flachwasserbereiche mit sich.
China wird
gerne als "Riesenreich" gesehen, aber der Platz ist
sehr begrenzt: Mit 143 Einwohnern pro Quadratkilometer ist das
Land mehr als viermal so dicht besiedelt, wie die USA (33 Einwohnern
pro Quadratkilometer). Das Graukranich-Eldorado Deutschlands -
Mecklenburg-Vorpommern - hat mit 69 Einwohnern pro Quadratkilometer
noch nicht mal eine halb so hohe Bevölkerungsdichte, wie
China - da haben wir natürlich gut reden.
Und leider spielt das Thema Natur- und Vogelschutz in China traditionell
auch nicht gerade eine wichtige Rolle.
Brutgebiete:
Es gibt zwei Brutgebiete in Westsibirien (diese Gruppe ist nur
noch sehr klein) bzw. die etwas grössere Gruppe in Ostsibirien.
Im Englischen und Französischen wird der Schneekranich deshalb
als "Sibirischer Kranich" bezeichnet.
Beide Brutgebiete liegen im hohen Norden, etwa auf der geografischen
Breite von Nordskandinavien. Eine Beobachtung dieser Kranichart
in ihren Brutgebieten ist für "Normalsterbliche"
schon aus technischen und logistischen Gründen nicht möglich.
Schneekraniche
sind Zugvögel; sie überwintern fast alle am stark
zergliederten und ziemlich flachen Poyang-See, Chinas grösstem
Süsswassersee (die Fläche ist etwa so gross wie die
Mittelmeer-Insel Mallorca, unterliegt aber ungewöhnlich grossen
jahreszeitlichen Schwankungen), mitten im Binnenland und etwa
auf halbem Weg zwischen Schanghai und Hongkong.
Die Schneekraniche
legen dazu einen Weg von mehr als 5000 Kilometern von ihren Brutgebieten
zurück.
Die Tiere
der kleinen westlichen Population überwintern im Iran, am
Südufer des Kaspischen Meeres.
Sehr auffällig
ist der von den anderen Arten der Gattung Grus völlig abweichende
Ruf: Während die meisten Arten für ihr durchdringendes
Trompeten bekannt sind, lässt der Schneekranich ein schwer
zu beschreibenden Jauchzen hören. Wir werden versuchen, hier
eine Audio-Datei mit diesem charakteristischen Ruf einzustellen.
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